Nur noch eine Umarmung

Die nachfolgenden Aufzeichnungen erzählen von Geschehnissen, die sich während der Coronavirus-Pandemie Ende 2021 ereignet haben. Sie erzählen vom plötzlichen Tod eines geliebten Menschen, der während dieser Zeit unter dramatischen Umständen unerwartet verstirbt.
Dieser Mensch, eine ältere Frau, eine Mutter, ist wegen einer unter normalen Umständen einfach behandelbaren Krankheit ins Krankenhaus gekommen. Schon wieder auf dem Weg der Genesung, hatte sie sich irgendwie mit dem Coronavirus infiziert. In der Reha-Klinik wird sie deshalb isoliert. Eines Nachts stürzt sie dort jedoch extrem unglücklich. Stundenlang liegt sie alleine und unentdeckt mit einer Hirnblutung unter denkbar unbeschreiblichen Schmerzen auf dem Boden ihres Zimmers. Den Ärzten bleibt nichts anderes übrig, als sie wieder zurück ins Krankenhaus bringen zu lassen. Zunächst auf die Intensivstation, später auf die Palliativstation.
Diese Aufzeichnungen erzählen von einer Tochter, die sich plötzlich mit einer unbeschreiblichen Situation konfrontiert sieht. Die über Leben und Tod entscheiden muss. Und die mit ihrer Entscheidung hadert. Wegen des Coronavirus kann sie nur in Schutzkleidung verpackt ihre Mutter besuchen. Körperlicher Kontakt reduziert aufs Minimum.
Diese Aufzeichnungen erzählen, wie die Tochter von ihrer Mutter Abschied nimmt, bevor diese alleine und einsam verstirbt. –
Dies sind Notizen von nur einem von ungezählten bestürzenden Momenten, die sich während der Corona-Jahre ereignet haben. Es geht um undenkbare Geschehen, welche tiefe Wunden bei den hinterbliebenen Menschen hinterlassen. Welche wohl nie richtig heilen werden. Es geht um die Gefühle, die sich während dieser würdelosen Zeit aufgestaut haben und die wir immer in unserem Herzen tragen …
Was hier passiert ist, dass kann jedem von uns geschehen.
Diese Aufzeichnungen bilden ein kleines Zeitfenster. Sie sind als Trost gedacht für andere Hinterbliebene. Für Menschen, die ähnliche Erfahrungen durchgemacht haben. Menschen, die Schmerz und Trauer in sich tragen.
Es geht um diese Momente geschrumpfter Zeit. Um dieses Erwachen in Sprachlosigkeit. Um die starre Stille, nachdem das Leben von einer Lawine erfasst wurde und Erinnerungen wie tonnenschwerer weißer Schnee jedes Lebensgefühl einmauern.
Szene 1
Ein kleines Fenster klappt nach außen und öffnet den Blick auf den Flur vor einem Patientenzimmer eines Krankenhauses.
Unruhige Stimmung.
Ernste Dinge passieren hier …
Jede Sekunde bedeutet Leben oder Tod.
Piepsende Geräte peitschen die Ohren und mahnen zur Eile.
Schritte von hastig umherlaufenden Krankenschwestern und Pflegern sind zu vernehmen. Flatternde Geräusche wie von nervösem Flügelschlag aufgescheuchter Tauben erfüllen den Flur …
Der chemische Geruch von Desinfektionsmitteln dringt tief in jeden Atemzug.
Benebelte Wahrnehmung. Alle Sinne zu 360 Grad beansprucht!
Kleinste Fehler könnten zu einer Infektion führen.
Das Coronavirus spielt mit den Menschen wie der Teufel.
Mächtig die Angst vor diesem unsichtbaren Virus.
Zoom auf die sich öffnende Tür des Patientenzimmers.
Der Blick fällt auf eine vor dem Bett einer Patientin sitzende Frau in Corona-Schutzkleidung.
Sie hat gerade den Ärzten gegenüber zugestimmt, dass ihrer Mutter keine lebenserhaltende Maßnahmen erhalten soll.
Die Mutter war in der Nacht zuvor schwer gestürzt. Alleine. Auf einer Isolierstation. Wegen Corona. Wurde erst Stunden später entdeckt. Hatte sich schwerst am Kopf verletzt. Hirnblutung. War in Ohnmacht gefallen … Eine OP wird von den Ärzten nicht empfohlen … Zu hoch die Wahrscheinlichkeit, dass die Mutter danach im Koma liegen würde … Eine ausweglose Situation …
Als habe der Teufel seine Hand im Spiel gehabt, hatten sich die Ereignisse überschlagen.
Nur wegen der Vorsorgevollmacht darf die Tochter sie überhaupt in der COVID-Isolierstation besuchen.
Sie weiß: nie wollte die Mutter eine Koma-Patientin werden. Das war ihr ausdrücklicher Wunsch!
So hat sie sich also gegen eine OP entschieden.
Hat sie sich richtig entschieden?
Hat sie sich dem Willen der Mutter entsprechend entschieden?
Tonnenschwer die Situation.
Schmerzhaft wiegend auf ihren Schultern.
So sitzt sie hadernd am Bett ihrer Mutter.
Schreiende Blicke zwischen Tochter und Mutter durchschneiden die Stille im Zimmer …
Hinter der durch die Atemschutzmaske beschlagenen Brille fällt das Atmen schwer und wirkt der Raum wie gestaucht …
Ein Moment des Abschieds.
Ein Abschied in einer surreal lauten Stille.
Eine Lähmung … ohne Umarmung.
Ein in starrer Stille erfüllter Augenblick.
Ein Moment in gestoppter Zeit.
Eine Tochter. Sitzend am Bett ihrer sterbenden Mutter.
In Schutzbekleidung aus Plastik.
Unruhig und schwer einatmend und ausatmend …
zitternd am ganzen Körper.
Ihr Körper gefühllos, wie betäubt.
Alle Ängste ansammelnd unter der Corona-Schutzbekleidung aus Plastik, in der sie wie außerirdisch aussieht. - Kaum noch Mensch.
Die Hände zitternd. Schwitzend. In zwei Schichten von Schutzhandschuhen.
Den Oberarm der Mutter berührend,
um sie so irgendwie zu spüren.
Leise zur Mutter sprechend.
Ihre Stimme tränend unter der nass gewordenen Schutzmaske.
Dumpf wie in Schwerelosigkeit.
Es nochmal etwas lauter versuchend.
Ein paar salzige Tränen, die den Blick verschwimmen lassen und über ihre Wangen fließen.
Kaum Atmen könnend …
Und noch einmal versuchend …
schwer atmend mit ihrer Mutter zu sprechen:
„Ich bin‘s, … drück meine Hand, wenn du mich hören kannst.“
Die Augen der Mutter, wie erblindet.
Scheinbar ohne etwas wahrzunehmen.
Ihre beiden Hände leicht zuckend …
Ahnungslos. Nicht verstehend, was überhaupt passiert ist …
Mit unerträglich leidvollem Blick.
Irgendwie ein Lebenszeichen sendend …
„Hat sie gerade meine Hand gedrückt?!“ …
Ein Hauch von Hoffnung …
… mit zitternden Händen, die Mutter berührend …
Leise sprechend, weiter und weiter …
Heftig, ihr schlagender Puls. Die schwer drückende Last auf ihren Brustkorb fühlend.
Als würde ihr Körper in unendliche Tiefen gezogen werden.
Mit kraftlos am Körper herunterhängenden Armen …
Voller Traurigkeit und Schmerz!
Worte können diese Momente nur schwer beschreiben.
Befremdlich, wie in einer Welt, in der man sich niemals aufhalten möchte.
Nie! Niemals!
Die Gedanken drehen sich im Kopf.
Weiter und weiter.
Kein Weinen. Unfähigkeit, Tränen zu vergießen.
Nur lautloses Schreien …
Die verbleibenden Minuten zerschneiden die Luft.
Das ganze Leben erscheint wie zerstückelt.
Die letzten Blicke der Mutter. Ihr Ende langsam näherrückend.
Blicke, irgendwas unbedingt sagen wollend.
Vielleicht zu sich selbst … vielleicht zur Tochter …
„Wofür habe ich gelebt?“ …
Ihr unbeweglicher Körper, sich gegen irgendetwas sträubend.
Als wollte er irgendwas mitteilen …
Glühend die letzten Funken in ihren Pupillen.
Jeder Augenblick ein Schrei …
Wissend, dass sie nur noch ein paar Stunden zu leben hat.
Die Infusion soll den Schmerz lindern, so lange, bis das Herz von selbst aufhört zu schlagen …
Es könne noch Tage dauern, … sagen die Ärzte.
Mehr könne man nicht mehr tun.
Ihr Kopf voller schreiender Gedanken.
Voller Zweifel.
„Habe ich wirklich das Beste für meine Mutter versucht? …“
„Habe ich wirklich alles getan? …“
Die Tochter entscheidet sich, ihrer Mutter zu helfen,
die Situation zu akzeptieren und Frieden zu finden …
Mehr und mehr zerreißt es ihr Herz.
„Mama, lasse los, lass dich Frieden finden …
Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut … v
Lasse alles los, Mama! …“
So vergehen Stunden.
Bis das verkrampfte Zucken der Hände der Mutter langsam nachlässt.
Der Raum ist von Angst erfüllt. Und einer seltsamen Besessenheit.
Gefühle, die alles Lebende zu verschlingen scheinen …
„Nur noch eine Umarmung!“
„Nur noch eine Umarmung!“
„Nur noch eine Umarmung!“
Im Kopf der Tochter kreist dieser Gedanke.
Ohne Nachhall. Verschluckt von der Schutzkleidung.
Ohne Halt. Die Hoffnung verblassend.
Immer leiser hauchend.
Gelähmt zu sagen …
„Ich hab dich lieb!“
„Nimm meine Liebe mit!“
„Nimm meine Liebe mit!“
So schweben die lautlosen Worte im Raum.
Vielleicht kann ihre Mutter sie spüren.
Verstehen, was ihre Tochter sagen möchte …
„Kann sie noch verstehen …?“
„Wird meine Liebe gespürt?“
Sie geht kurz nach draußen.
Kurz vor die Tür.
Sie spricht mit einem Arzt.
Durch die Tür sind die unruhigen, ängstlich ihr nachblickenden Augen der Mutter zu sehen.
Sie solle nach Hause gehen, sich erholen.
Am nächsten Morgen wieder kommen …
Es könne noch Tage dauern, …
meint der Arzt.
„Nimm meine Liebe mit! Nimm meine Liebe mit!“
„Nimm meine Liebe mit! Nimm meine Liebe mit!“
Es werden dies die letzten Worte zwischen den beiden sein.
Sie schweben im Raum. Sie hallen noch eine Weile lautlos nach.
In dieser Nacht.
In der die Mutter alleine sein wird.
In der die Zeit der Mutter gekommen sein wird.
So allein.
Die Mutter in ihrem Sterbebett.
Willenlos schließt sie ihre Augen -
… und geht in die Stille.
Vielleicht hat sie noch einmal auf ihr Leben zurückgeblickt …
Szene 2
Hinter ihren geschlossenen Augen, da gibt es noch eine Geschichte.
Eine unausgesprochene Geschichte.
Eine Geschichte aus ihrer Kindheit.
Eine Kindheit ohne Vater.
Der Vater, der im Krieg gefallen war.
Viel zu früh. Tot.
Der Tod des Vaters, weswegen ihre eigene Mutter krank wurde.
Der Tod des Vaters, weswegen sie ihr Leben lang ihr eigenes Glück nie richtig spüren konnte. Der Tod des Vaters, weswegen sie ihre Liebe nie richtig zeigen konnte.
Der Tod des Vaters, weswegen für sie Liebe immer mit Angst erfüllt zu sein schien.
Die Angst, etwas zu verlieren.
Die Angst, die Liebe zu verlieren.
Und so scheint es, dass sie auch in dieser Nacht ihre Gefühle herunterschluckt.
Hat sie es bereut?
Hätte sie es anders gewollt?
Wusste Sie ob ihrer Verschlossenheit?
Nun ist es zu spät. Erbarmungslos zu spät.
Zu spät auch, um darüber noch zu grübeln …
Die Zeit fließt nicht mehr mit ihr zusammen.
Die Zeit ist für sie gestoppt.
Die Zeit ist erstarrt.
Ihr letzter Atemzug weht langsam still in die Unendlichkeit.
Wie ein sanfter Windstoß, der über ihre Augen weht.
Ihr immer schwächer schlagendes Herz spürend …
Bestimmt nimmt sie ihre Liebe mit.
Sicher nimmt … nahm sie ihre Liebe mit.
Szene 3
Die Tochter nach dem Tod ihrer Mutter.
Den Kopf zum Display ihres Handys beugend.
Ein Foto ihrer lächelnden Mutter betrachtend.
Die Oberfläche des Displays streichelnd.
„Ja, so sieht sie aus.“
„Endlich sehe ich sie wieder. … Ohne all die Schläuche …“
Eine Träne fällt auf das Handydisplay …
Stundenlang blättert sie durch die auf dem Handy gespeicherten Fotos.
Auf der Suche nach einem Bild ihrer Mutter.
Nach einer Erinnerung.
Nach dem Gefühl, das sie immer verspürte, wenn sie bei ihrer Mutter war.
Auf ein Bild ihrer Mutter starrend,
in Gedanken in ihre Augen blickend.
Ratternd wie in einem Zeitrafferfilm spulen Bilder zurück in der Zeit.
Bis Bilder aus der Kindheit der Mutter auftauchen.
Damals, im Krieg, als sie noch ein ganz kleines Kind ist.
Naiv, voller Träume und voller Hoffnung.
Weiß sie denn schon überhaupt, was Tod bedeutet.
Sie steht in ihrem Kinderzimmer.
Ihre Mutter erscheint, als sei es ein Traum.
„Mama, wann kommt Papa zurück?“ …
Die Erscheinung ihrer Mutter verschwindet wieder.
Zurück das kleine Kind, sitzend in einer Ecke.
Weinend, vom Gefühl der Einsamkeit erfüllt.
„Wann kommt Papa zurück?“ …
„Wieso ist er so lange weg?“ …
„Liebt er mich denn nicht?“ …
„Wieso kommt er nicht zurück?“ …
Lautlos schluchzend bedeckt das Kind sein Gesicht mit den Händen …
Langsam blendet die Szene wieder zurück …
… aufs Handy der Tochter.
Noch immer über das Display ihres Handys streichelnd.
Auf das Foto schauend, auf dem sie gerade ihre Mutter als kleines Kind gesehen hatte.
Die Tränen wegwischend, die wiederholt auf das Foto tropfen …
lautlos mit dem Foto sprechend …
„Dein Papa hat dich bestimmt lieb gehabt.“
„Er hat deine Mutter ganz sicher auch lieb gehabt.“
„Aber es war doch Krieg!“
„Er konnte sich nicht bei dir verabschieden.“
„Er ist gestorben. Weit weg, irgendwo im Osten.“ –
„So hast du‘s mir doch mal erzählt …“
„Jetzt bist du auf dem Weg zu deinem Papa.“
„Bitte, nimm auch meine Liebe mit zu ihm.“
„Zeig ihm diese Liebe. Liebe, die ich auch von dir bekommen habe.“
„Zeig ihm etwas von unserer Liebe.“
„Bestimmt wird er sich darüber freuen.“
„Bestimmt hat er dich lieb.“
…
Das wars also? So ist das also?
Sie darf ihre Mutter nicht noch einmal sehen!
Sie darf sich nicht verabschieden.
Wegen der Corona-Schutzmaßnahmen …
Ein Gefühl, als ob ihr etwas entrissen wird.
Brutal, wie durch ein Messer abgetrennt.
Ihre Beine werden weich.
Sie möchte sich setzen, irgendwohin …
Langsam versucht sie, tief Atem zu holen.
Ein weiterer bizarrer Gedanke drängt sich ihr auf.
Als ihre Mutter klein war,
konnte sie nicht verstehen,
warum ihr Vater nicht aus dem Krieg zurückgekommen war.
Sie konnte nicht verstehen, was Tod bedeutete.
Irgendwo gefallen, im Krieg, weit im Osten.
Es gab niemals eine Beerdigung, auch kein Grab.
Nur eine Munitionskiste aus Holz, mit seinen Sachen drin.
„Dein Vater ist ein Held“, …
so hatte es der Postbote dem kleinen Kind gesagt, damals.
„Papa ist ein Held“, so lief das kleine Kind zur Mama …
Die darauf wortlos zusammenbrach.
„Warum? Mein Papa ist doch ein Held!“
Nie hatte die Kleine das verstanden.
Warum hatte sich ihre Mama so verändert?
Was hatte sie falsch gemacht?
Was hatte sie Falsches gesagt?
Vielleicht ist das Gefühl jetzt ein ähnliches.
Dieses Gefühl, das etwas weggenommen wurde.
Dieses Gefühl, als sei etwas wie durch ein Messer abgetrennt worden.
Jetzt steht sie selbst so da.
Ohne ihre Mutter.
Ohne sie noch einmal sehen zu können.
Als habe sie einen Fehler begangen.
Ohne zu wissen, warum.
Ohne verstehen zu können.
Gezwungen zu akzeptieren.
Vielleicht ist das Gefühl jetzt ein ähnliches.
Ähnliche Ereignisse scheinen sich zu wiederholen.
Die Situation greift mit kalten Klauen nach ihr …
lässt langsam ihre Emotionen einfrieren.
Fühlt sie Wut? Fühlt sie Trauer? Oder möchte sie schreien?
Alles erscheint ihr … irgendwie surreal … doch gleichzeitig präsent.
Sie schluckt eine salzig schmeckende Träne herunter.
Bitter …
Lautlos …
Würdelos …
Szene 4
Dieses einsame Sterben während der Coronavirus-Pandemie.
Die vielen Angehörigen, die alle ihre Würde in einer kalten Ecke ihres Herzens einfrieren müssen.
Wie konnte das geschehen? …
Diese Kälte, die stärker zu spüren ist als der Schmerz.
Diese Würdelosigkeit des einsamen Sterbens.
Dieser Schmerz, der über die Grenze des Lebens hinaus bemerkbar bleibt …
„Wieso musste meine Mutter so einsam von dieser Welt gehen?“
„Wie konnte das geschehen?“
„Wie konnte sich so viel Würdelosigkeit rund um ihren Tod schlingen?“ …
Niemand antwortet …
Nichts ist zu hören …
Nur diese laute Stille …
In dieser Nacht regnet es, es ist kalt und windig.
Das Herz der Tochter ist fest verschlossen.
Keine Gefühle. Keine Wärme. Keine Sprache …
Sie versucht, etwas Schlaf zu finden.
Unter der Bettdecke umklammert sie ihre Knie.
Wickelt ihren Körper eng zusammen.
Umschlingt fest ein Kissen.
Versucht, ihre Empörung loszulassen.
Ab und an ein Schaudern.
Langsam erschlaffend.
Irgendwann regungslos.
Nur die Geräusche ihres Atems sind zu hören.
So schläft sie ein.
Sie kann ihre Mutter sehen.
Vielleicht träumt sie auch nur.
„Mama, bist du‘s?“ …
Sie traut sich nicht, ihre Augen zu öffnen.
Sie fürchtet, dann ihre Mutter nicht mehr länger zu sehen …
Sie spürt die Hände ihrer Mutter, die sie festhalten.
Doch die Hände scheinen schon kalt geworden zu sein …
Dennoch hält sie diese Hände fest und versucht nicht loszulassen.
Die ganze Nacht. So halten beide ihre Hände fest zusammen,
bis ihre Mutter langsam nachgibt …
Draußen ist es bitterkalt.
Der frostige Atemzug des nebeligen Winters liegt schwer über der Landschaft.
Die Straßenlaternen bilden milchige Silhouetten. In den Häusern brennt in ein paar Fenstern noch Licht. Die Zweige der Bäume entlang der Straße knistern in der kaltnebeligen Winterluft. Als würden sie ebenfalls von Trauer erfüllt sein und leise vor sich hin murmeln …
Ebenso schlaflos … in dieser Nacht …
Diese Nacht, die zur Erinnerung werden soll.
Ein kleiner Mosaikbaustein, dessen Form noch nicht erkennbar ist.
Eine Wunde, dort, wo die Liebe zu spüren war. Dort wird sie eine Narbe hinterlassen.
Was alles geschah … es wird ein leeres Gefühl bleiben.
Namenlos. Lange noch … wird es so sein …
Solche im Nebel liegende Winternächte mit ihren unklaren Fragen - wie schwach leuchtende Sterne. Vielleicht haben diese Schmerzen für die Hinterbliebenen doch irgendeinen Sinn …!
Vielleicht lassen sie uns über unser Leben nachdenken.
Teilen uns mit, unser eigenes Glück wahrzunehmen.
Lassen uns bewusst werden, was Leben wirklich bedeutet!
So hallt es durch diese Winternacht:
„Lieben und geliebt werden!“ …