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Warten

Tränen der Machtlosigkeit.

Tränen, 7/13
Wir Menschen drücken viele Emotionen durch Tränen aus. Nur, lesen und verstehen wir diese auch richtig? Eine Reportage über die Geheimnisse, die sich hinter unseren Tränen verstecken.
Warten

Warten

Tränen der Machtlosigkeit

"Wenn ich mich daran erinnere,
kommen mir die Tränen,
denn irgendeine unangenehme Sache verbirgt sich dahinter.
Das durch meine Vergangenheit geprägte Dasein
lässt die eine Schulter herunterhängen,
schief, als ob sie sich ungerecht behandelt fühlte. "
"Tränen" von Suug

Unbequemlichkeit mag ich nicht. Aber ich strebe auch nicht nach Bequemlichkeit.
Und es ist mir schon unbequem, über Unbequemlichkeit nachzudenken. Irgendetwas scheint sich hinter diesem Unbequemen zu verbergen. Ich möchte der Sache nachgehen. ...

Eine solche unbequeme Tatsache ist, dass Bequemlichkeit nach einiger Zeit langweilig wird, was wohl schon jeder einmal erlebt hat. Man spürt diese Eigenart und der Versuch, dieser zu entkommen, erscheint mir nach einem fast spielerischen Muster abzulaufen.

Ich erinnere mich, dass es in meiner Vergangenheit hin und wieder solche Unbequemlichkeiten gab und mich diese unbequemen Zeiten meist unruhig machten und in mir ganz merkwürdige Emotionen hervorriefen. Und manchmal wurde ich erst von meinen Tränen auf diese Unbequemlichkeiten aufmerksam gemacht, auf merkwürdige und unbequeme Momente oder auf Spuren davon ...

Als ob ich mit einer Zeitmaschine ganz kurz in die Vergangenheit gereist wäre, sind mir diese Emotionen heute noch sehr präsent. Diesen Zeitreisen, von denen ich immer wieder zurückkehre, kommen Tränen und ein Spiel hinter diesen Tränen in die Quere.

Mir scheint, in den Tränen gibt es Wahrhaftigkeit:
Verzweiflung, Wut, Bereuen, Machtlosigkeit und Eingeständnis. –

Sind Tränen nicht ein wunderbarer Gefühls- ausdruck, der sich zum Beispiel dann Bahn bricht, wenn uns Menschen unvermeidbares Unglück widerfährt? Vielleicht sind sie ja auch einfach bloß eine wundersame Reaktion unseres Körpers, damit wir uns unseres Seins bewusst werden.

Ich glaube, Tränen fließen nicht nur äußerlich. Sie ergießen sich auch über unsere Seele.

Tränen sind auch Ausdruck aller möglicher Empfindungen von Trauer. Sie fließen uns aber auch beim Wunder des Glücks und der Erfahrung unermesslicher Freude. Dann drücken Tränen solche wundervollen Geschehnisse so passend aus, dass uns die maximale Bedeutung unseres Seins vor Augen geführt wird.
Solche Tränen sind ein wahres und wunderbares Juwel unserer Emotionen, nicht wahr? „Wunderbar“ - dieses Wort klingt viel zu abstrakt, denn solche Tränen sind nur durch eigene Erfahrung zu begreifen. Das sind die Momente, die irgendetwas in einem befreien und den Körper erbeben lassen, und in denen sich die Unbequemlichkeit plötzlich auflöst....

Deshalb schaue ich mir den Ort genauer an, an dem diese Sache mit der Unbequemlichkeit entstanden ist und von dem aus mir permanent starke Emotionen gesendet werden.

Dieser Ort liegt markant auf einer Zeitleiste in der Vergangenheit und seine eingravierte Spur ist unveränderbar. Dieser Ort kann nie wieder zum Leben erwachen. Wenn ich mich daran erinnere, kommen mir die Tränen, denn irgendeine unangenehme Sache verbirgt sich dahinter. Das durch meine Vergangenheit geprägte Dasein lässt die eine Schulter herunterhängen, schief, als ob sie sich ungerecht behandelt fühlte. In diesem Moment beginnt es wieder, „unbequem“ zu werden. Ich bin an diesem Ort, wo das Mädchen mit schiefer Schulter steht. Es ist ein unbequemer Ort.

Ein Mädchen, dass neben einem quadratischen Reisekoffer steht, wartet auf dem Bahnsteig auf den Zug.
Man hat ihr gesagt, „Der Zug kommt bald“.Wenn man nur stillsteht und wartet und den Koffer ordentlich gepackt hat!
„Der Zug kommt bald“, wird durchgesagt.
Das Mädchen wartet ... und wartet .... und wartet.
Ihre Schulter wird immer schiefer ... und schiefer.
In ihrem Koffer sind ihre Träume gepackt, ihr ganzes Herz ist darin verstaut.
Nicht nur das: es ist alles von ihr in diesem Koffer.
Langsam, einfach so stehend ... wartend ... fühlt sie sich immer un-be-que-mer.

Eine starke Kraft deckt meinen Willen zu und lässt mein Dasein unfähig erscheinen. So ändert sich mein Selbstbild. Darin reflektiert sich meine Existenz. Das Bild, das ich darin erkenne, macht mir Angst. Ich möchte es nicht sehen. Irgendwie schmerzt mein Bein. Es ist unbequem.

In diesem Moment spüre ich, wie plötzlich die Spuren meiner Vergangenheit und die meiner Tränen unmissverständlich verschwinden. So habe ich es gewollt. Es ist mein Eingeständnis. Wieso habe ich gewartet? Ist mein Dasein nicht schon wie ein gepackter Koffer? Brauche ich einen Zug?
Ich brauche dieses blödsinnige Spiel nicht mitzumachen. Ich brauche auch keinen Koffer.
Eine Stimme streift meine Ohren, jemand sagt „Alle sind schon im Zug. Wieso sitzt du da nicht schon drin? Was stehst du da draußen rum?“
HM! Auf diesem Bahnsteig ist es egal, ob es das wahre Glück gibt oder nicht. – Zuerst soll man einsteigen. – Diese eingleisige Stimme. Wie die bedrohlich krächzende Stimme des Radiosprechers aus der Vergangenheit.

Jedes Mal, wenn der Zug vorbeifährt, wartet leise eine unbequeme geknickte Emotion.

Bitte, nicht berühren! ...

In meinem Kopf läuft folgender Film ab:

Im Gesicht des Mädchens rollen langsam Tränen die Wangen herunter, TOROROK! Dann werden sie wieder von den Wangen zurück in die Augen gesaugt, HOROROK! Und rollen wieder herunter ....
Und werden wieder zurückgesaugt.
Diese Szene wiederholt sich in einer Schleife, alle 3 Sekunden.
Das Mädchen hat einen bizarren Gesichtsausdruck. Lächelt sie? Weint sie? ...
TOROROK, HOROROK,
TOROROK, HOROROK ...
CUT!


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